In dieser Blog-Serie leuchte ich Worte aus, die unseren Zeitgeist beschäftigen und vielerorts präsent sind, oft inflationär verwendet werden, jedoch nicht allen bekannt sind und längst nicht von allen verstanden werden. Viele dieser Begriffe sind saurer Wein in goldenen Schläuchen. Trotzdem stelle ich bei meiner Arbeit mit Unternehmen und Menschen immer wieder fest, dass diese Worte regelrechte Trigger-Worte sind: Sie rufen Irritation, Neugier aber auch Unsicherheit, Zweifel, Bedenken manchmal sogar Ablehnung, Aversion und Angst hervor. Mit dieser Blog-Serie möchte ich diesem Druck etwas entgegenwirken, diese Worte verständlich, kurz und knackig (Ziel: <1000 Wörter) auf den Punkt bringen und mögliche Chancen ausleuchten, welche diese Worte und deren Technologie dahinter in sich bergen. Was sind Ihre Erfahrungen mit diesen Worten und mit diesen Themen? Schreiben Sie mir. Über Ihre Anregungen, Feedbacks, Ergänzungen freue ich mich.

Buzzword: Quantum Computing

Die Digitalisierung sorgt für ein rasantes Wachstum an Daten und bringt herkömmliche Computer zunehmend an ihre Grenzen. Aus diesem Grund sind nun Computer im Entwicklungsstadium, die ein Vielfaches der bisherigen Rechenleistung aufbringen. Was hat es mit diesen Quantencomputern tatsächlich auf sich?

Was ist Quantum Computing?

Die Technologie des Quantum Computing bringt grundlegend neue Möglichkeiten: Aufbauend auf den Gesetzen der Quantenmechanik sollen unvergleichbar schnelle Rechenleistungen erzielt werden. Der Unterschied zu herkömmlichen Rechnern ist, dass ein Quantencomputer nicht auf den Gesetzen der Informatik, bzw. Physik aufbaut. Stattdessen macht er sich quantenmechanische Zustände zunutze.

Quantencomputer werden klassische Rechner nicht ersetzen

Die Quantenphysik beschreibt das Verhalten von Teilchen wie Elektronen und Photonen. Ein Quantencomputer steuert das Verhalten dieser Teilchen, jedoch auf eine Weise, die sich von unseren normalen Computern grundlegend unterscheidet. So wie eine Glühbirne keine bessere Version einer Kerze ist, ist ein Quantencomputer keine leistungsstärkere Version eines klassischen Computers. Es ist eine komplett andere Technologie, die auf einem tieferen wissenschaftlichen Verständnis beruht. Man kann es sich in etwa vorstellen als würden herkömmliche Rechner ausschliesslich in der dritten Dimension rechnen, während ein Quantencomputer in die vierte vordringt. Der eine kann den anderen nicht ersetzen, aber die Forschung extrem nach vorn treiben.

Die Rolle der Quantenphysik

Die Rechner, die wir alltäglich nutzen, basieren auf kleinsten elektronischen Schaltkreisen, die mit Hilfe von Transistoren elektrische Impulse (Bits) weiterleiten. Diese Technik wurde erstmals vor fast 80 Jahren (1941) eingeführt und stösst immer häufiger an ihre Grenzen. Was damals begann, wurde nicht verändert, sondern lediglich immer weiter verkleinert (Miniaturisierung).

Das Problem: Kleiner geht’s nicht

Die Transistoren sind heutzutage nur noch so klein (10 Nanometer), dass 18 Milliarden von ihnen auf einen Mikrochip mit 2×2 cm Fläche passen. Damit wurde allerdings die physikalische Grenze der Miniaturisierung erreicht. Mit einer Grösse von nur zehn Nanometern kann der Transistor schlichtweg nicht weiter verkleinert werden. Hier kommt die Quantenphysik ins Spiel.

Der quantenmechanische Effekt

Bei Transistoren, die so klein sind, dass sie nur noch wenige Atome enthalten, tritt der sogenannte Tunneleffekt auf: Die Elektronen schaffen es, wie durch Geisterhand, die physische Barriere zu überwinden und den geschlossenen Transistor zu passieren. Dieser Effekt, der die klassische Computertechnik ausser Kraft setzt, wird auch als Quantenmechanischer Effekt bezeichnet.

Das Qubit vervielfacht die Rechengeschwindigkeit

Genau diesen machen sich Wissenschaftler nun zu Nutze. Anstatt von Bits ist die kleinste Informationseinheit der Quantencomputer das Qubit. Wo das Bit bisher nur eine Rechnung auf einmal zugelassen hat, erlaubt der Aufbau des Qubits nun die parallele Berechnung von mehreren Operationen auf einmal (Superposition). Ausserdem kann der Zustand von zwei miteinander verschränkten Qubits (Verschränkung) über eine Entfernung von Lichtjahren ohne Verzögerung bemessen werden. Das ermöglicht eine bisher ungekannte Schnelligkeit an Rechenleistung. Zur Verdeutlichung: laut einem Artikel in der Fachzeitschrift Nature vom Oktober 2019 habe Googles Quantenprozessor Sycamore für eine komplexe Berechnung etwa 3 Minuten gebraucht, während der modernste, herkömmliche Prozessor etwa 10.000 Jahre dafür bräuchte. 

Zukunftsausblick: Anwendungsbereiche für Quantencomputer

Quantencomputer können grundlegende Probleme der Informatik lösen, wie z.B. das Durchsuchen extrem grosser Datenbanken und komplexe Berechnungen, bzw. informationstechnische Prozesse. Quantencomputer haben darüber hinaus die Möglichkeit, so viele weitere Aspekte unseres Lebens zu beeinflussen: Unsere Sicherheit, Gesundheitsfürsorge und die Nutzung des Internets. Die Ausmasse der Neuerungen sind für das menschliche Gehirn fast unvorstellbar. Ein Beispiel: Die Pharmawissenschaft könnte mit Hilfe des Quantencomputers extrem komplexe physikalische Prozesse von Teilchen simulieren und so Heilmethoden entwickeln, die bisher unvorstellbar waren.

Bis zu einem Einsatz der Quantencomputer im täglichen Leben ist es noch ein weiter Weg, aber der erste Durchbruch ist nach etwa zehn Jahren Forschung mit dem Rechner von IBM bereits gelungen. Viele grosse Computerfirmen sind an der Entwicklung von Quantencomputern und deren Technologie beteiligt, so Google, Microsoft, Intel und Startups wie Rigetti in San Francisco.

Wir dürfen auf die zukünftigen Entwicklungen gespannt sein.

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