Von Veröffentlicht am: 28. Januar 2022Kategorien: BlogSchlagwörter: , , , , ,

Dieser Artikel erschien exklusiv als Gast-Kolumne im Magazin «Direct Point» 01/2022 Januar 2022 (www.directpoint.ch), Die Schweizerische Post. Der Autor Lorenz Wenger behält sich das Recht vor, hier die ungekürzte Version zu publizieren.

März 2020: Quasi über Nacht werden nach dem Lockdown Bandbreiten dünner aufgrund der exponentiell steigenden Nachfrage an Videokonferenzen. Meine Kunden teilen mir mit, dass sie den geteilten Bildschirm nicht mehr lesen können. Ich melde mich beim Customer Service meines Software-Anbieters für Videokonferenzen und klage, dass meine berufliche Existenz davon abhängt, dass meine Kunden meine verpixelten Vorträge und Schulungen nicht nur sehen, sondern auch lesen können. Und siehe da: der nette Herr vom Chat – oder war es ein Bot? – gewährt mir anstandslos die doppelte Bildqualität bei allen zukünftigen Videokonferenzen und das ohne Aufpreis. Einfach so! «Man muss halt reden mit den Bots», sag ich mir.

Grosszügigkeit auf Nachfrage

Vom Mobile-Anbieter meines Vertrauens erhalte ich regelmässig weitaus günstigere Angebote für mein Abo-Modell, das ich vor drei Jahren abgeschlossen habe. Ich rufe an und schildere meinen Unmut über die unfaire Behandlung von treuen Kunden gegenüber Neukunden. Die freundliche Mitarbeiterin im Call Center bittet mich um etwas Geduld, sie wolle das mit ihrem Vorgesetzten klären. Drei Minuten später wird die epische Streichmusik in der Warteschlaufe unterbrochen und die Mitarbeiterin bestätigt mir, dass ich von nun an den gleichen Tarif bezahlen würde wie die Neukunden, an die das Angebot gerichtet war. «Wow, wie grosszügig und aufmerksam von Ihnen!», denke ich. Was wohl, wenn ich nicht angerufen hätte? Würde ich weiterhin ahnungslos meine Rechnungen bezahlen und als treuer, bequemer Stammkunde benachteiligt?

Unmoralisches Angebot

Ein paar Tage später erhalte ich per Post von einem Internet-Anbieter ein «unmoralisches» Angebot für Neukunden, das mich rechnen lässt: Bei einem Wechsel könnte ich durch die Einsparung nach nur einem Jahr einen Städtetrip zu zweit finanzieren. Verlockend! Anbieter wechseln und sparen oder nichts unternehmen und treuer, bequemer Stammkunde bleiben? Nachdem ich meine Entscheidung für den aufwendigeren Wechsel kurz und knapp über den telefonischen Customer Service kundtue, erhalte ich vom aktuellen Anbieter ein inoffizielles Angebot «für treue Kunden wie Sie»: über ein Drittel günstiger als bisher für das kommende Jahr! Einfach so. Plötzlich. Weil ich als bisher loyaler Stammkunde nun die Bereitschaft demonstriere, mich zu bewegen und weiterzuziehen. «Sie sind uns wichtig» höre ich am anderen Ende der Leitung nachdrücklich. «Aha. Das ist aber schön! War ich das auch schon vor meiner Absichtserklärung?», antworte ich etwas schnippisch. Betretenes Schweigen. Ich frage mich: «Muss man eigentlich immer reden, klagen und lamentieren?»

Untreue zahlt sich aus

Mein Verdacht erhärtet und bestätigt sich: Je länger ich bequem und untätig als treuer Stammkunde verharre, desto teurer kommt mir meine Treue zu stehen. Nur das aktive Lamentieren über meinen Unmut und ein regelmässiger Wechsel des Anbieters verschafft mir Vorteile. Oder zumindest die Gleichstellung gegenüber Neukunden. Untreue zahlt sich aus! Zumindest wirtschaftlich.

 

Photo by Markus Spiske on Unsplash

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